Der Projektstatusbericht: melancholischer Rückblick oder verantwortungsvolle Prognose?

Wer kennt das nicht im Projektgeschäft? Es ist Monatsende und das Steering Committee verlangt den Projektstatusbericht. Was schreiben? Gewiss, im Berichtsmonat wurde einiges umgesetzt. Alle Beteiligten haben ihr Bestes gegeben. Zwischenziele sind erreicht worden. Es wurde viel Geld ausgegeben, viele Ressourcen verbraucht. Und noch viel mehr steht an: Weitere Zwischenziele, Lieferprodukte, zahlreiche Workshops und Meetings und noch mehr Ausgaben und Ressourcenverbrauch. Mit dem Projektziel vor Augen ist es am Monatsende Zeit, einen Rückblick zu machen und den Projektstatusbericht zu verfassen – nicht die Arbeit, worum man sich reisst.

“Tue Gutes und rede darüber” sagt der Volksmund. Also berichten wir über Projekterfolge, über eingesetzte Ressourcen, über ausgegebenes Projektbudget. Wir zeigen den Projektsponsoren auf: Wir machen Fortschritte und der Einsatz lohnt sich! Wir feiern Zwischenerfolge. Es liegt in unserem Naturell, möglichst gut da stehen zu wollen. Schliesslich liegt uns das Projekt am Herzen, verschafft uns und dem ganzen Team viel Arbeit und auch oft Befriedigung. Etwas provokativ ausgedrückt: Das Projekt ist unsere Existenzberechtigung... Also berichten wir mit einem möglichst positiven Rückblick auf das Erreichte.

Selbstverständlich läuft nicht alles rund. Selbstverständlich können wir manchmal einzelne Zwischenergebnisse nicht termin- oder kostengerecht ausliefern. Selbstverständlich gibt es immer wieder Friktionen im Projektteam, mit Auftraggebern, mit Lieferanten, mit Kunden. Selbstverständlich bereiten uns gewisse Termine und Zwischenziele Sorgen. Selbstverständlich betrachten wir das Projekt nicht durch die Rosa-Brille. Und selbstverständlich berichten wir auch über Herausforderungen, wenn wir den aktuellen Status melden.

Halten wir mal kurz inne und fragen wir uns: Ist das wirklich eine Berichterstattung, die dem Projekt dient? Sollten wir uns nicht lieber Gedanken darüber machen, was die nächsten Schritte sind, als die Vergangenheit zu zelebrieren?

In meiner langjährigen Projekttätigkeit habe ich immer wieder versucht, die von mir und meinem Kollegen Peter Michael Graf entworfene Methode der “Meilensteinorientierten Berichterstattung” zu fördern. Meist konnte ich damit gute Erfolge verbuchen. Was ich damit meine:

Ein Projektstatusbericht soll primär Auskunft darüber geben, in wie fern und unter welchen Voraussetzungen zukünftige Meilensteine und die Projektziele aus heutiger Sicht erreicht werden können. Selbstverständlich hat die Redewendung “Tue Gutes und rede darüber” auch hier ihre Berechtigung. Aber der Schwerpunkt der Berichterstattung sollte nach vorne verlegt werden. Konkret heisst das: Berichtet wird primär entlang der zukünftigen Meilensteine und aufgrund der Projektfaktoren Termin (Zeit), Kosten und Qualität. Dazu wird ein Ampelsystem (grün – gelb – rot) verwendet. Es wird zu jedem Meilenstein mittels Ampel aus heutiger Sicht beurteilt, ob dieser rechtzeitig erreicht wird, ob das Budget dazu ausreicht und ob das Lieferprodukt in der gewünschten Qualität ausgeliefert wird. Grün bedeutet: Das schaffen wir! Gelb heisst: Es wird sehr sportlich, mit entsprechenden Massnahmen in Eigenkompetenz der Projektleitung können wir es erreichen. Rot heisst: Achtung: Wir schaffen es nicht alleine, das Steering Committee muss eine Entscheidung treffen. Bei Gelb und Rot werden systematisch Probleme und Ursachen beschrieben und Lösungsvorschläge gemacht. Bei Rot werden ausserdem Anträge gestellt (z.B. Change Request).

Mit dieser Art von Berichterstattung nimmt man die Auftraggeber und die Sponsoren in die Pflicht. Risiken und Gegenmassnahmen werden in regelmässigen Abständen offen kommuniziert. Diese dienen als Grundlage für wichtige Entscheidungen, die das Projekt wirklich vorantreiben.

Auf Anfrage liefere ich gerne eine entsprechende Projektstatusbericht-Vorlage (>Kontakt-Formular<).

Fazit: Mit dem Blick nach vorne gerichtet sehen sowohl die Projektgruppe wie auch die Sponsoren, welchen Verlauf das Projekt nehmen wird, ob Schwierigkeiten zu erwarten sind und schliesslich, ob die Ziele erreicht werden können. Die “Meilensteinorientierte Berichterstattung” nimmt die Projektleitung – aber auch das ganze Projektteam und die oberste Führungsebene – in die Verantwortung. Es wird aktives Risikomanagement betrieben, das Projekt wird vorangetrieben, die Stolpersteine werden im Voraus erkannt und Massnahmen ergriffen.

“Man soll die Feste feiern, wie sie fallen”, sagt ein anderes Sprichwort. Aber klar! Ist das Projektziel erreicht, ist es Zeit für einen Rückblick. Und dieser soll möglichst positiv ausfallen. “Tue Gutes und rede darüber”, eben, wenn die Zeit dafür gekommen ist!

Erik Poly
Senior Training Consultant
Business Consultant MAS ZFH
Expert in Organization Management (Fed. Diploma)

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